Montag, 12. September 2011

Von Claremore, OK nach Oklahoma City, OK

Irgendwie war es gestern am 10. Jahrestag von 9/11 ein komisches Gefühl, in diesem Land zu reisen. Man sieht eh schon häufig den "Star-spangled Banner", doch gestern schien es als habe fast jedes Haus, jedes Geschäft mit stars & stripes geflaggt; an Regierungsgebäuden auf Halbmast. Die Fernsehsender übertragen nichts anderes als die Gedenkfeier in New York, wobei selbst diese emotionale Sendung mehrfach von Werbung unterbrochen wird. Beim Frühstück sitzt am Nachbartisch ein Pärchen in den 50ern mit einer Liste vor sich, wann welche Namen genannt werden; auch sie müssen jemanden verloren haben. Plötzlich werden sie über ihrem Kaffee ganz still, sie kämpft mit den Tränen. Man fragt sich unwillkürlich, wer von den Menschen, die wir entlang der Route bisher getroffen haben, vielleicht auch ein Opfer zu beklagen hat. Wenn nicht bei den Anschlägen vor 10 Jahren, dann vielleicht im Irak oder Afghanistan? Die Frau am Nachbartisch beißt wieder herzhaft in ihren Muffin, trinkt noch einen Schluck Kaffee und fröhlich quatschend verlassen die beiden den Raum. Gedenken auf amerikanisch.

Wir beschließen, einem anderem Mann, einem Sohn Oklahomas, zu gedenken und besichtigen das "Will Rogers Museum" in Claremore.  Will Rogers, war in erster Linie (Stummfilm-)Schauspieler, der für seine Lassotricks berühmt war, aber auch Comedian, Autor und Politiker. Er hat so ziemlich alles mit einem Lasso eingefangen, während seiner Bühnenauftritte auch gerne mal unbeliebte Politiker. Der Film zeigt einige seiner für mich besten Szenen:


Zum Teil indianischer Abstammung, machte er keinen Hehl aus seiner Herkunft, sondern sagte:"Meine Vorfahren sind nicht mit der Mayflower hierher gekommen. Sie erwarteten sie bereits im Hafen."

Und hier noch ein Zitat (passend zur Kommunalwahl): „Alles ändert sich. Heute nehmen die Leute die Komiker ernst und betrachten die Politiker als Witzfiguren.“
Nicht umsonst ist die Route 66 auch als "Will Rogers Highway" bekannt.  

Unser Weg führte uns dann weiter nach Catoosa, wo der "Blue whale" die Reisenden vom Straßenrand grüßt. Schon in Lebanon, MO hörten wir, dass wir ihn unbedingt "besuchen" sollten. Auf dem Weg sollten wir das noch viele Male hören. Hier waren wir nun also:


Der Wal wurde vor kurzem renoviert und strahlt nun wieder. Das Weiße an der Seite ist eine Rutsche, die in den Teich führt. Wir konnten uns trotz der Hitze nicht vorstellen, in dem Tümpel zu schwimmen.

Gestern hatten wir 89°F, also ca. 32°C. In Oklahoma lernt man, ein Fahrzeug nur mit zwei Fingern zu lenken und dass man auch durch Autoscheiben einen Sonnenbrand bekommen kann.

Wir fuhren weiter nach Tulsa, OK, einer Stadt die aufgrund ihres Ölvorkommens zu Reichtum gekommen war.


Wir hatten Lunch in "Ollies Bahnhofsrestaurant", wo ich zum Essen "Strawberry Soda" bestellte. Ich dachte ich würde Erdbeerlimo bekommen, habe jedoch gelernt, dass man zumindest in diesem Teil der Welt unter diesem Begriff eine Art Milch-Shake versteht. Später, im "Rock Cafe" in Stroud, OK bestellte ich dann einen "Soda-Pop", einen Milchshake mit Brausepulver. Bestens geeignet, Bauchschmerzen zu produzieren.

Zwischendurch fuhren wir immer mal Abschnitte der "Old old old Route 66"; diese Strecke war z.B. von 1926-1930 offizieller Teil der Route 66:


Habt ihr eine Vorstellung davon, wie es ist, diese Strecke mit "Soda Pops" im Magen entlang zu schaukeln?   :-)

In Chandler, OK hielten wir kurz am "Route 66 Interpretive Center".  Kurz, weil sie dort gleich schließen wollten. Die Dame, die uns die Räume ausführlich zeigte, hätte uns bestimmt noch ein wenig umsehen lassen, aber wir hatten ein schlechtes Gewissen, ihr den pünktlichen Feierabend zu verderben. Ich glaube an dieser Stelle waren wir sehr "typisch deutsch".  

Kurz vor Arcadia, OK machten wir Halt bei John und seinem Hund Seaba. Im Garten wurden wir lauthals von den "Nurnburgers", einem Pärchen aus Illinois mit deutschen Vorfahren, begrüßt. Sie freuten sich offenbar sehr, uns Deutsche zu sehen. Sie fahren auch die gesamte Route, wer weiß, vielleicht treffen wir sie ja auch wieder?

John Hargrove, der Besitzer des Anwesens, ist einer der verrücktesten Menschen, die wir an der Route bisher getroffen haben.

 

Seine gesamte Werkstatt, ach was, sein ganzes Grundstück, sind mit Dingen aus der guten alten Zeit zugestellt, ohne dabei wie ein Messie-Haus zu wirken. Hinter einer unscheinbaren Garagentür verbirgt sich ein von ihm selbst gebautes Diner mit Kino. Einfach nur so zum Abhängen. An diesem Fleckchen Erde hätte Axel sich wohl gefühlt.


Im "Diner" trafen wir eine Familie "from Yukon". Auf unsere Frage, ob sie auch die gesamte Route fahren würden, antworteten sie: "No, it's just a day trip". Wow, dachten wir, die müssen ja fix sein. Da erfuhren wir, dass Yukon, Oklahoma nur 35 mi entfernt liegt.

John liebt alte Autos von VW:"Es sind keine Cadillacs, aber sie bringen dich überall hin, wo du hinwillst."

Im Garten hatte er lauter Sehenswürdigkeiten der Route 66 nachgebaut.


Das ist z.B. seine Version der "Cadillac Ranch" in Texas.


Klasse!

Dagegen konnte die "Round Barn" in Arcadia, OK, die -als wir ankamen- eh schon geschlossen hatte, nicht mehr anstinken.


Um unsere "Soda-Pop"-Erfahrungen zu komplettieren, wollten wir eigentlich ins "Pops", einem Diner, in dem sie über 400 verschiedene Limosorten verkaufen. Hier versteht man unter Soda-Pop also doch wieder Limonade. Leider war es so brechend voll, dass wir beschlossen, nach Oklahoma City weiter zu fahren. Die Soda-Flaschen-Neonreklame kennen wir daher leider auch nur von you-tube:


Einen netten Abend bei einem leckeren Steak mit frittierten Okraschoten hatten wir stattdessen in Oklahoma City's Bricktown District, in Toby Keith's Restaurant. Wir waren schon etwas spät dran, so dass unser Kellner Tanner richtig viel Zeit zum quatschen hatte. Dirk erkundigte sich bei ihm nach einer Shooting Range und fragte, ob der Besitz von Waffen in Oklahoma genauso liberal wie in Texas gehandhabt werde. "Oh yes, everybody 's got guns here." Es ergab sich ein nettes Gespräch über deutsche Waffengesetze. Als wir ihm von unseren KollegInnen vom "Department of Law and Order", von Kontrollen, psychologischen Tests und Jägerprüfungen berichteten, dachte Tanner wir wollten ihn verar..... Er konnte es nicht glauben!






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